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Aus dem Klinikalltag eines Gynäkologen
This is going to hurt. – Regie: Lucy Forbes. – München, polyband Medien GmbH, 2023 – 2 DVDs. – 315 Minuten
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Die britische Serie basiert auf dem gleichnamigen autobiografischen Buch des Comedian Adam Kay, der in seinem ersten Berufsleben als Arzt gearbeitet hat und von Ben Whishaw großartig verkörpert wird. Wir folgen dem jungen Gynäkologen über sieben Episoden bei seiner Arbeit in einem staatlichen Londoner Krankenhaus. Dem Dauerstress in der chronisch unterfinanzierten und personell unterbesetzten Klinik begegnet dieser mit viel schwarzem Humor. Aber der ständige Druck und der fehlende Schlaf fordern ihren Tribut – beruflich wie privat.
Wer beim Genre „Arztserie“ genug von dem oft weichgespülten Angebot hat und sich eine realistischere Darstellung des Klinikalltags wünscht, wird bei dieser tragikomischen Serie auf seine Kosten kommen. Auch wenn das Zuschauen manchmal weh tut.
Sarah Trost
Zauberhaft und herzzerreißend
Rebecca Ross: Divine Rivals: a novel, 2023. - 357 Seiten - (Letters of Enchantment; 1)
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In der Welt tobt ein göttlicher Krieg. Seit Iris‘ Bruder an der Front vermisst wird, versucht sie sich und ihre Mutter mit einem Aushilfsjob bei der Oath Gazette über Wasser zu halten. Sie hofft, dass die schlecht bezahlte Stelle ein Sprungbrett zu einer Anstellung als Kolumnistin sein könnte. Doch ebenso wie sie, spekuliert ihr Kollege Roman auf die Beförderung. Zwischen den beiden jungen Kollegen entbrennt ein schonungsloser Wettbewerb.
Iris ist sich sicher, dass Roman und sie nichts gemeinsam haben. Er kommt aus einer reichen Familie, gibt sich arrogant und unnahbar. Was Iris jedoch nicht ahnt ist, dass sie mit Roman noch auf ganz andere Weise verbunden ist. Ihre Schreibmaschine, welche Iris wie einen Schatz hütet, scheint auf magische Weise Nachrichten mit dem Besitzer einer anderen Schreibmaschine auszutauschen. Auf diese Weise beginnt Iris eine Brieffreundschaft mit einem vermeintlich Unbekannten, der es schon bald schafft sie mit seinen Worten zu berühren.
Divine Rivials erzählt eine wunderschöne und zarte Liebesgeschichte, eingebettet in einem
gleichermaßen aufregenden, wie faszinierenden Plot. Wir begleiten die Protagonisten durch die Wirren eines Krieges, in welchem sich verfeindete Gottheiten gegenüberstehen. Auch wenn das Buch, durch diese Rahmenhandlung, dem Fantasy-Genre zuzuordnen ist, wirken die Folgen des Krieges für die Protagonisten ausgesprochen authentisch: Not, Angst, Verlust, Trauer erlebt der Leser gemeinsam mit Iris und Roman. Die beschriebenen Szenen lassen einen streckenweise vergessen, dass man sich in einem fiktiven Szenario befindet und muten eher wie Schilderungen aus den Schützengräben des Zweiten Weltkriegs an. Dieser Realismus verleiht der Erzählung eine hohe Intensität und erzeugt eine hohe emotionale Nähe zu den geschilderten Charakteren.
„Divine Rivials“ ist der erste Teil einer Dilogie und lässt den Leser mit dem Wunsch zurück sofort mit dem Folgeband zu beginnen.
Jennifer Ludmann
Es hat mich total geflasht! Aber absolut nichts für schwache Nerven
Liz Nugent: Seltsame Sally Diamond. – 2024. – 389 Seiten
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Sally ist seltsam. Entweder stellt sie sich taub oder sie spricht die Wahrheit ganz direkt, ohne groß nachzudenken. Sie mag keine Fremden berühren, hatte nie Freunde und hat nie jemand zu Besuch. Dabei ist sie nicht unglücklich, einfach nur seltsam. Sie war früher gut in der Schule, doch ihr Vater wollte nicht, dass sie das College besucht. Nach dem Tod der Mutter zieht sie mit ihrem Vater aufs Land in die Einsamkeit. Sie versorgt ihn bis zum Tod. Und dann tut sie das, was er von ihr verlangt hatte. Sie entsorgt ihn mit dem Müll…Vom Klappentext sowohl auch vom Cover erfährt der Leser nicht, worum es in dem Buch wirklich geht. Ich hatte keine Ahnung, auf was für einen Psychothriller ich mich hier einlasse! Wow, ein echtes Meisterwerk! Der Roman war mal wieder ein Highlight (vor allem für einen Thriller-Fan wie mich) – jetzt muss ich mich aber erst wieder von den Geschehnissen erholen.
Eine Triggerwarnung vom Verlag wäre evtl. angebracht gewesen. Spannung pur, meiner Meinung nach ein MUSS für (Psycho-)Thriller-Leser!!!
Sabine Schaller
Fesselnde und tragische Familiengeschichte über drei Generationen
Lukas Hartmann: Martha und die Ihren. Roman. – Diogenes. – 2024, 295 Seiten
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Die Großmutter des Autors väterlicherseits steht im Zentrum dieses Romans. In bitterer Armut wächst Martha Anfang des 20. Jahrhunderts in einem schweizerischen Dorf auf, keine Chance auf eine angemessene Schul- oder Ausbildung, stattdessen Härte, der Verlust des Vaters, der sie zu einem Verdingkind bei einer Bauernfamilie im Berner Umland macht, sie wird von ihren Geschwistern getrennt und kommt in eine neue Familie, in der sie nie heimisch werden wird. Sie ist zum Arbeiten angehalten, schläft in einer winzigen dunklen Kammer ohne Bett und wird von den Kindern der Bauernfamilie ausgegrenzt. Auch die Mutter macht Unterschiede, und Martha leidet enorm unter diesen Ungerechtigkeiten. Oft bekommt sie, die Kleine, die als letzte am Tisch versorgt wird, nichts mehr zu essen und muss hungrig wieder aufstehen. Sie wird beauftragt, den Bruder Severin zu bewachen, der mit einer Behinderung auf die Welt gekommen ist und mit dem niemand fertig wird und spürt zum ersten Mal so etwas wie Macht. Sie schlägt ihn und fühlt sich stark dabei. Doch auch Severin wehrt sich, läuft davon. Alle unangenehmen anfallenden Arbeiten hat Martha in der Familie zu erledigen. Sie ist vollkommen alleingelassen mit ihren Aufgaben und vertraut sich einem Lehrer an, der sich für sie einsetzt. Severin wird fortgebracht, und seine Abwesenheit totgeschwiegen. Martha beginnt nach der Schule, in einer Fabrik zu arbeiten. Die Armut, Härte und Kälte, die sie in der Kindheit erfahren hat, werden ihr ganzes Leben und das ihrer Nachkommen prägen. Die Familiengeschichte wird über drei Generationen fortgeführt bis zum Autor selbst, der sich im Buch einen anderen Namen gegeben hat, um Distanz zu finden. Erst Marthas Enkel, darunter der Autor, wagen sich an die Aufarbeitung der familiären Verstrickungen und Härten. Fesselnd, bedrückend und absolut lesenswert.
Tanja Schleyerbach
Spannende Kunst und mutige Reporterinnen
Manchmal liest man lange nichts und dann verschlingt man kurz hintereinander mehrere Bücher - umso schöner, wenn diese auch noch zueinander passen. In den Krimis, die ich empfehle, finden sich Journalistinnen als Hauptprotagonistinnen oder die Welt der Kunst als verbindendes Setting.
Odijk, Patrick van: "Der falsche Vermeer" 2024. - 515 Seiten
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Debütroman, der Fakten und Fiktion verbindet und uns in die Niederlande der Nachkriegszeit entführt. Man hört die Schreibmaschinen in den Redaktionen ticken und fiebert im Kampf um die Titelseite mit der jungen Meg mit, taucht ein in die Fälscher- und Kunsthandelsszene.
McDermid, Val: 1979 - Jägerin und Gejagte 2022. – 430 Seiten und 1989 - Wahrheit oder Tod : ein Fall für Journalistin Allie Burns 2023. - 459 Seiten
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Die schottische Bestseller-Autorin ist kein Geheimtipp. Neu war mir ihre Reihe um Allie Burns, die man am besten chronologisch liest und mit dem Titel "1979" beginnt. Sie kämpft in der Männerdomäne darum, mehr als Klatschkolumnen schreiben zu dürfen und sieht sich terroristischen Bedrohungen gegenüber. Im 2. Band "1989" reist sie als Investigativjournalistin ins Ost-Berlin vor dem Mauerfall und in eine Welt, in der eine HIV-Infektion das Todesurteil bedeutete.
Die Reihe zeichnet sich dadurch aus, dass sie historische Begebenheiten mit wichtigen Themen der Gesellschaft verbindet. Ich bin gespannt auf den für nächstes Jahr angekündigten Band "1999".
Gullberg, Hélène: Die Kunst des Tötens: Roman | Einzigartige skandinavische Spannung: atmosphärisch, geheimnisvoll, mitreißend. - dtv Verlagsgesellschaft, 2024. - 416 Seiten
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ebook
Die Autorin begibt sich in ihrem Krimi in eine Welt, die sie aus eigener Anschauung kennt: Die schwedische Kunstszene ist ihr als ehemalige Angestellte von Auktionshäusern bestens bekannt und als heutige Direktorin im Königlichen Palast in Stockholm ist ihr die Beschreibung von Herrensitz-Welt mit Verwalter-Ehepaar, exquisiter Einrichtung und ausgesuchten Schätzen sicher nicht schwergefallen. Ein Kunstsammler wird ermordet und die in die Provinz versetzte Kommissarin Karin macht sich zusammen mit Majja, die ihren bei genau diesem Herren erlernten Kunstsinn in einem Auktionshaus einsetzt, an die Ermittlung.
Jutta Zimmermann