Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter empfehlen
Eine abgefahrene Geschichte um eine verlorene Seele und die verrückten Folgen des Verlustes
Ewald Arenz: Herr Müller, die verrückte Katze und Gott. – 2024. – 361 Seiten
Titel verfügbar?
Eine wahrhaft göttliche Komödie erwartet unerschrockene Leser*innen. Jehudi, der Erzengel mit einer Vorliebe für Gin-Tonic, stellt beim Durchzählen fest, dass ihm Kurt Müllers Seele beim versehentlichen Sturz durch ein Fenster abhandengekommen ist. Nichts weniger als der Beginn der Apokalypse kann dadurch in Gang gesetzt werden, und er muss die wichtigsten Erzengelkolleg*innen davon überzeugen, ihn bei der Suche zu unterstützen. Dass es dabei turbulent zugeht, ist zu vorsichtig formuliert. Richtig abgefahren, wild und aufregender als in jeder Fantasystory sind die Handlungsstränge, die zwischen der Antarktis, Nürnberg, Hamburg, Paris, Südfrankreich und dem marokkanischen Luftraum wechseln. Dabei spielt die Tochter von Kurz eine zentrale Rolle ebenso wie sterbende Kaiserpinguine in der Antarktis und der dorthin verbannte und gefallene Erzengel Abaddon, bei dem unklar ist, welche Rolle er spielt und ob die Hoffnung auf eine Rückkehr in den Himmel größer ist als seine Angst vor dem Teufel. Selbst bei den Erzengeln ist nicht zu jeder Zeit klar, auf welcher Seite sie stehen. Und in welcher Form wird Kurt Müller zu suchen sein, als Stein, als Katze oder als etwas ganz anderes? Es bleibt spannend bis zuletzt, wobei klar sein dürfte: es wird gut ausgehen. Nur wann genau wird die schon begonnene Apokalypse womit gestoppt, und für wen geht es gut aus?
Wer es durchgeknallt mag, sollte hier zugreifen. Allerdings habe ich gemerkt, dass die Satire so gut ist, dass sie doch tiefer greift und länger beschäftigt, als es auf den ersten Blick scheint. Und man Lust bekommt, in der biblischen Offenbarung des Johannes nachzulesen, wie dort die Vorhersagen sind und welche Bilder für die Apokalypse verwendet werden. Vielschichtig und empfehlenswert.
Tanja Schleyerbach
Absolut fesselndes Jugendbuch!
Poznanski, Ursula: Scandor. – 2024. – 447 Seiten
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Für alle empfohlen! Ursula Poznanski schreibt fesselnd und sehr spannend.
Ihre bisherigen Bücher waren wirklich toll – aber dieses hier übertrifft alle!
Katrin Grießinger
Spannende tierische Liebesgeschichten - Zum Tag der Vögel am 5. Januar
Ernst Paul Dörfer: Das Liebesleben der Vögel. – 2024. – 234 Seiten
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Der promovierte Ökochemiker Ernst Paul Dörfler arbeitet in der Nähe des Europäischen Vogelschutzgebietes Mittelelbe und hat viel Gelegenheiten, Vogelleben zu beobachten. Seine Erlebnisse teilt er unterhaltsam und witzig und findet immer wieder Vergleiche und Parallelen zu menschlichen Gewohnheiten, Eigenschaften und Schwächen. Ob Reviersuche und -verteidigung, Reiselust, Partner*innensuche, Futter-, Revier oder Paarungskämpfe, aufwändiger Nestbau, Modenschau, Monogamie und absolute Treue, Turteln, Fremdgehen, Polygamie, Alleinerziehende, Rabenmutter, Nesthocker, Kinderliebe, Verspieltheit oder Anpassung an den Klimawandel: Die thematische Bandbreite ist nicht minder vielseitig wie bei der menschlichen Spezies. Sogar Veganer macht er aus unter den tierischen Mitbewohner/innen. Dabei ist der Mensch immer nur so viel Beobachter wie die Vögel Einblick gewähren, manchmal unter Einsatz von Spionagetechnik. Viele Geheimnisse sind ganz sicher noch unentdeckt. Ein Buch, das neugierig macht und Lust weckt, vermeintliche menschliche Alleinstellungsmerkmale zu hinterfragen und das Staunen über die Strategien und den Ernst wie die Leichtigkeit der Vogelwelt zu entdecken. Wunderbare Zeichnungen ergänzen den Text. Ich hätte mir zu jedem Vogel eine Farbzeichnung gewünscht, gerne von beiden Geschlechtern und einen QR-Code mit den Vogelstimmen. Das hätte das Buch richtig rund gemacht.
Faszinierend und unterhaltsam!
Tanja Schleyerbach
Fiktion eines totalitären Staats
Marion Messina: Die Entblößten. – 2024. – 176 Seiten
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Ein junger Mann setzt sich selbst in Brand und setzt ein Zeichen gegen die unerträgliche Ungerechtigkeit eines ganzen Systems. Seine Peiniger entstammen angesehenen Elternhäusern und die Politik will die Hintergründe aus Furcht vor Protesten vertuschen. Marion Messina entwickelt rund um den Selbstmord des jungen Enzo Brunet, dem Sohn einer mittellosen Witwe, die Handlung ihres Romans „Die Entblößten. In einer nicht allzu fernen Zukunft zeichnet Messina Frankreich als totalitären Staat bestimmt von sozialer Ungleichheit und der Entfremdung zwischen den Generationen. Eine Dystopie, die wie eine schlüssige Konsequenz auf den Ist-Zustand empfunden werden kann und gerade dadurch einen Nerv trifft. Kein leichter Lesestoff, aber durch den Fokus auf vier Protagonisten und deren individuelle Schicksale dennoch kurzweilig.
Argiro Mavromatis
Ein vergnügliches Schmankerl zum Schmökern für Neugierige
Julia Floß: Hier geht es um die Wurst und andere Redensarten aus der Küche. – 2024. – 109 Seiten
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Julia Floß hat Redensarten gesammelt, die sich rund um die Küche und Kulinarisches drehen und dazu Erläuterungen verfasst. Ob Butter bei de Fische gegeben oder ein Toast ausgebracht wird, jemand Tomaten auf den Augen hat, beleidigte Leberwurst spielt oder durch den Kakao gezogen wird: meistens wird doch nur mit Wasser gekocht. Manchen mag das nicht die Bohne interessieren, wenn aber viele Köche den Brei verdorben haben oder ein Haar in der Suppe gefunden wird, ist meistens Hopfen und Malz verloren. In diesem Buch erfährt man die Herkunft der jeweiligen Redensart und einiges Vergnügliche oder auch Schauerliche dazu wie beim verrückten Hund in der Pfanne. Manchmal reicht die Herkunft bis ins Mittelalter zurück, einige Redensarten sind deutlich jüngeren Datums. Die Menüfolge reicht vom Gruß aus der Küche über Getränke, Suppen, Vegetarisches, Fleischkost, Beilagen und Süßwaren bis zum Digestif. Das Buch lebt vor allem von seinen ausdrucksstarken, humorvollen Bildern, die Nikolaus Heidelbach mir viel Liebe zum Detail zu jeder Floskel beiträgt. Absolut vergnüglich, und als Schmankerl oder Betthupferl unbedingt empfehlenswert.
Ebenfalls im Bestand und mit ebenso wunderbaren Zeichnungen von Heidelbach versehen: Schimpfwörter, die es nicht auf Hochdeutsch gibt.
Tanja Schleyerbach
Sehr spannender Thriller mit realistischer Handlung
Holger Karsten Schmidt: Finsteres Herz. – 2024. – 462 Seiten
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Der Autor, mehrfacher Grimme-Preisträger, veröffentlicht auch unter dem Pseudonym Gil Ribeiro äußerst erfolgreiche Portugal-Krimis und versteht sein Handwerk. Die Geschichte fesselt von der 1. Seite: bei der Übergabe der 12jährigen Kronzeugin Sarah kommt es in der Silvesternacht 2006 zu einem Schusswechsel zwischen Kommissarin Lona Mendt und ihrem Kollegen Elling mit (scheinbaren) Polizisten. Danach ist die wichtige Kronzeugin auf der Flucht und Mendt/Elling liegen im Koma. Maja Kaminski und Hagen Dudek übernehmen die weiteren Ermittlungen und stoßen auf ein europäisches Netzwerk an Menschenhandel und moderner Sklaverei. Parallel geht es auch um einen Fall von Selbstjustiz und korrupte Polizisten. Der äußerst spannende und gut konstruierte Krimi wird aus wechselnden personalen Perspektiven und auf zwei Zeitebenen, die aufeinander zulaufen, erzählt. Bereits der 1. Band der Reihe "Die Toten von Marnow" (2021) war sehr erfolgreich und wurde für die ARD verfilmt. Bis auch der 2. Band verfilmt ist, ist dieses Buch reines Kopfkino!
Fleur Hummel